Montag, 28. März 2016

Zu Gast auf einer traditionellen Xhosa-Hochzeit

Von ein paar Tagen hat mich Tim, der Squash-Trainer unserer Kinderheimkids, zu einer traditionellen Xhosa-Hochzeit eingeladen.
Ich versuche hier nun so viele Eindrücke wie möglich festzuhalten, oder eher auszuformulieren.

Eigentlich sollte die Hochzeit um 2:00PM beginnen, aber wie das hier manchmal mit der "African Time" nun mal so ist, begann sie schlussendlich erst um 3:30PM.
Alle Besucher trugen traditionelle südafrikanische Kleidung und außer meiner zwei Armbänder fiel ich, mit meinem normalen Kleid, dort etwas aus der Reihe, was aber nicht wirklich schlimm war. Ich wurde unheimlich gastfreundlich begrüßt und alle freuten sich, dass sie mir mit der Einladung ein Stück Tradition mitgeben konnten.








Vor Beginn der Zeremonie standen alle unverheirateten Frauen und Mädchen um die Braut herum und sangen. Als der Bräutigam zu ihr trat stürmten unheimlich viele Kameras auf sie zu. Nach zehn Minuten Fotos schießen, ging die Zeremonie los. Sehr langsam und begleitet von traditionellen Gesängen schreiteten die Beiden Arm in Arm zu einer langen Tafel, an der bereits die Familien des Paares und die engsten Freunde saßen. Einzelne Lieder, die während der Trauung gesungen wurden, wurden immer wieder von Ululationen der ältesten Frauen begleitet. Ululationen sind Schreie, die sehr hoch erklingen und eine sehr schnell schwankende Tonhöhe haben. Diese Schreie gelten als Ausruf der Freude und begleiten auch in indischen und arabischen Kulturen festliche Zeremonien. Im afrikanischen stellt Ululation außerdem den Ausdruck religiöser Ekstase dar. Während der Zeremonie wurden viele Reden gehalten, die eine Menge Regeln, Ratschläge und Sitten. Die Mutter der Braut beschrieb die Liebe zwischen Mann und Frau mit einem Bild aus der Tierwelt. Sie sagte, dass der Mann nicht wie ein Löwe sein soll. Denn Löwenmännchen liegen nur herum, kümmern sich nicht um den Nachwuchs, lassen die Löwin für sich jagen und fressen doch zuerst. Er soll sein wie ein Elefant, der die Familie beschützt, sich um den Nachwuchs kümmert und sich dennoch von der Frau leiten lässt.





Traditionelle Gesänge und eine Menge Reden wechselten sich ab. Die Reden wurden alle auf Xhosa gehalten und abgesehen von ein paar Fetzen verstand ich absolut kein Wort und war sehr froh, dass ich mit Tim einen sehr fähigen Übersetzer an meiner Seite hatte.
Zwischendurch gab es einige Tänze, die von einer Tanzgruppe von acht Mädchen - alle von der Hüfte aufwärts unbekleidet - aufgeführt wurden. Auf ihren Körpern hatten sie weiße Bemalungen gekrönt von je drei Handabdrücken auf ihren Rücken.
Mitten in der Zeremonie kam die Hochzeitstorte an, die sehr ungewollt auffällig zwischen allen Gästen bis nach vorne durch geschoben wurde und für einige Lacher sorgte.
Auch während der Unmengen von Reden wechselten sich Ernsthaftigkeit und Humor ab.
Ich glaube die Südafrikaner sind gut darin, nicht nur das Ernsthafte an Situationen zu sehen, sondern unabsichtliche Komik in alle Situationen mit einfließen zu lassen.
Ungefähr eine gute Stunde bevor die Zeremonie zu Ende war, leerten sich einige Plätze.
Auch Tim und ich folgten diesem Beispiel nach einiger Zeit. Hinter dem Haus, indem die Trauung stattfand konnte man die Zeremonie immer noch sehr deutlich hören. Alle jungen Leute hatten sich nun hinter dem Haus versammelt und begangen in fast gänzlicher Stille zu feiern. Während dieser Zeit wurde ich einer Unmenge an Leuten vorgestellt und nachdem die Zeremonie im Haus zu Ende war füllte sich der Innenhof mit immer mehr Leuten.
So wurde bis spät in die Nacht hinein gefeiert. Die Südafrikaner wissen wie man feiert. Und dabei geht es nicht nur darum sich zu betrinken oder besonders aus der Reihe zu fallen, sondern eher darum, sich gemeinsam an etwas zu erfreuen. Ohne Gedanken, die irgendwelche Lücken lassen für Sorgen und negative Gedanken. Es wurde sehr viel getanzt und gesungen.
Sehr besonders ist auch, dass die Stühle im Innenhof zu einer Art Kreis gestellt waren und die Einzigen die gesessen haben waren Frauen. Die Männer standen mehr oder weniger einfach drum herum oder in der Mitte des Kreises. Zudem wurden die Frauen sehr höflich von allen bedient. Keine musste aufstehen, um sich etwas zu Trinken oder zu Essen zu besorgen und alle fünf Minuten wurde man gefragt, ob man alles hat, was man braucht.
Später am Abend erklärte Tim mir, dass der Mann zwar in der Xhosa-Kultur im Prinzip über der Frau steht, dass es aber vor allem seine Pflicht sei, seine Frau zu beschützen und ihr zu geben, was sie braucht ohne dass sie danach fragen muss.
So war es zum Beispiel so, dass die Männer zuerst etwas zu Essen bekamen und von den Frauen des Hauses bedient wurden, die Frauen aber nirgends alleine hin gingen, sondern immer in Begleitung eines Mannes.
Des Weiteren wurde mir erklärt, dass die Ältesten des Hauses immer das Recht haben, zuerst etwas zu Essen, um zu testen, ob das Essen gut ist und serviert werden kann. Dies unterstreicht noch einmal die Beschützerrolle, die der Mann in der Kultur einnimmt.
Es gibt die Floskel "Ladies first" in der Xhosa-Kultur, sie wird nur anders ausgeübt.



Der Tag war gefüllt von neuen Impressionen, kulinarischen Erfahrungen, sehr viel Gastfreundlichkeit, dem Schließen neuer Freundschaften und einer Menge interessanter Menschen und Gespräche.
So eine Erfahrung machen zu dürfen ist einmalig und ich bin immer noch schwer begeistert von der Zeremonie und der anschließenden Feier.


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